Nach den Hebammen sind die Tagesmütter dran

Nach den Hebammen sind es nun auch die Tagesmütter die um Ihre Existenz fürchten. Denn ab dem Jahr 2016 müssen sie deutlich höhere Krankenkassenbeiträge bezahlen. „Wir fordern, dass die Beiträge einkommensabhängig berechnet werden, aber das passiert nicht“, sagt Antje Radloff, die Schriftführerin des Hamburger Vereins, der deshalb gemeinsam mit zwei Interessengemeinschaften aus Niedersachsen eine bundesweite Petition auf der Internet-Plattform change.org gestartet hat. Mehr als 39.600 Menschen haben das Anliegen bereits unterzeichnet, das an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und den GKV-Spitzenverband (Interessenvertretung aller Kranken- und Pflegekassen) gerichtet ist.

Worum geht es genau? 

Ein Großteil der Tagesmütter, die derzeit noch als nebenberuflich selbstständig gelten, dürfte nach Einschätzung des Vereins von der Erhöhung der Krankenkassenbeiträge ab 2016 betroffen sein. Die Kassenbeiträge verdoppeln sich hierbei nahezu. „Bei der bisherigen Regelung werden alle Tagespflegepersonen ab einem Gewinn von über 945 Euro im Monat einkommensabhängig eingestuft; diese Grenze wird nicht mehr gültig sein. Ab 2016 wird eine Bemessungsgrundlage von 2125 Euro zugrunde gelegt. Es werden dann mindestens 310 Euro Krankenkassenbeitrag fällig, dazu kommt der Beitrag zur Pflegeversicherung von rund 50 Euro“, kritisiert Radloff.

Tagesmütter, die ab 2016 automatisch als hauptberuflich selbstständig eingestuft werden, hätten allerdings kaum Einfluss darauf, wieviel sie verdienen. „Wir dürfen nicht mehr als fünf Kinder gleichzeitig betreuen, und wir dürfen unsere Preise nicht selbst bestimmen.“ Die legt die Sozialbehörde fest. Zusatzbeiträge von den Eltern zu nehmen, sei ihnen verboten, sagt Radloff, die seit 19 Jahren als Tagesmutter arbeitet. Und wenn Eltern ihre Kinder kurzfristig abmelden, bekommen sie die freien Plätze nicht immer sofort besetzt – der volle Krankenkassensatz werde trotzdem fällig.

Bei einem Stundensatz von drei bis vier Euro pro Kind (abhängig von der Qualifizierung der Tagesmutter) sei es schwierig, mehr als 2000 Euro im Monat zu verdienen, sagt Radloff. „Dafür müsste man fünf Kinder jeweils 50 Stunden in der Woche betreuen, in der höchsten Qualifizierungsstufe.“

Die bisherige Regelung bei den Krankenkassenbeiträgen ist eine Ausnahmeregelung, die bereits 2013 enden sollte. „Sie ist verlängert worden, weil viele Kommunen damals noch nicht so weit waren mit dem Ausbau der Betreuungsplätze. Jetzt ist der Bedarf gedeckt, wir sind nicht mehr so wichtig“, ärgert sich Radloff.

Tagesmütter haben Angst um ihre Existenz

Viele Kollegen hätten Angst um ihre Existenz. Bundesweit werden ihren Angaben zufolge etwa 125.000 Kinder von mehr als 44.000 Tagesmüttern betreut. Und obwohl ihre Zahl in Hamburg, wo seit 2008 rund 91 Millionen Euro in den Kita- und Krippenausbau investiert wurden, rückläufig ist, sind Tagesmütter in Hamburg nach wie vor ein wichtiger Part in der Kinderbetreuung. 3895 Kinder (Stand Ende 2014) werden in der Tagespflege betreut, davon 2138 Krippenkinder unter drei Jahren. Insgesamt werden nach Angaben der Sozialbehörde knapp 22.000 Krippenkinder betreut, dazu kommen 43.300 Kinder im Elementarbereich (drei Jahre bis zur Einschulung).

Um den Beruf der Tagespflege zu professionalisieren, bietet die Sozialbehörde seit dem Herbst eine Aufstiegsfortbildung für Tagesmütter an. Dafür müssen sie 1400 Fortbildungsstunden innerhalb von fünf Jahren absolvieren, um in die Qualifizierungsstufe 3 mit dem höchsten Stundensatz zu kommen.

Die aktuelle Diskussion über den schlechten Betreuungsschlüssel in Krippen und den Protest der Erzieher, die kurzfristig ein Kind-/Betreuerverhältnis von 1:4 fordern, habe für sie positive Auswirkungen, sagt Anja Reinke, die Vorsitzende des Tagesmüttervereins: „Wir registrieren wieder deutlich mehr Anfragen.“ Ihre Kollegin Antje Radloff fügt hinzu: „Wir profitieren von der guten Mund-zu-Mund-Propaganda in der Tagespflege. Eltern bekommen mit, dass es in vielen Krippen viel anonymer zugeht als bei uns.“

(Quelle: Hamburger Abendblatt)

Auch wir haben ein Tagesmutter und sind sehr zufrieden mit dieser Art der Betreuung.